PR im Bundeswehrradio

…passt das überhaupt?

Wenn ja: Bei welchen Themen? Worin unterscheidet sich das Bundeswehrradio in Planung und Programm von anderen Sendern? Was müssen PR-Menschen bei einer Zusammenarbeit berücksichtigen? Unter anderem diese Fragen beantwortet der Chef vom Dienst -Tobias Bach- von Radio Andernach im Interview mit PRleben.

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Tobias Bach (Mitte), CvD beim Bundeswehrsender Radio Andernach

Was genau ist dein Job und wie bist du dazu gekommen?

Mein Job: Ich bin Chef vom Dienst bei Radio Andernach. In erster Linie kümmere ich mich um die Programmplanung, dazu bespreche ich Ideen und Projekte mit unseren Regionalstudios in den Einsatzländern, unseren Zulieferern, der Chefredaktion und allen anderen Akteuren, die für uns wichtig sind.

Außerdem kümmere ich mich um unser Qualitätsmanagement. Dazu gehört neben der Programmforschung auch die Entwicklung unserer On-Air-Power. Wie zum Beispiel unser „Styleguide“ oder eine umfangreiche Programmanalyse mit verschiedenen Lehrstühlen. Anfang November stand ein Programm-Relaunch an.

Dazu gekommen: Los ging‘s mit 15 Jahren beim Saarländischen Rundfunk, mit 19 bin ich zu Radio Andernach. Seit jeher radio-verrückt. In den letzten Jahren habe ich bei verschiedenen Sendern und Agenturen gearbeitet, öffentlich-rechtlich wie privat. Nach meinem BWL-Studium bin ich zurück zu Radio Andernach. Bevor ich Chef vom Dienst wurde, war ich Musikchef und Studioleiter in Afghanistan.

Gibt es Themen, die bei „anderen Sendern“ funktionieren, sich aber fürs Bundeswehrradio nicht eignen? Worauf legt ihr Wert, bei den Themen über die ihr berichtet?

Unsere Hörer befinden sich in einer persönlich sehr prägenden und nicht immer einfachen Situation. Tausende Kilometer fern der Heimat, getrennt von Familie und Freunden, teilweise sind sie mit Extremsituationen konfrontiert, nicht selten auch gefährlichen Situationen ausgesetzt. Diese Bedingungen berücksichtigen wir bei unserer Programmplanung.

Ein Beispiel: Karneval und Oktoberfest finden bei uns im Programm statt, aber immer in dem Wissen, dass unsere Hörer am Rosenmontag z.B. nicht ausgelassen feiern werden.

Bei meiner Themen-Wahl versuche ich, immer den Bezug zur Bundeswehr herzustellen. Während Lokalsender große Themen auf ihre Region herunterbrechen, versuche ich die „großen Themen“ auf unseren Arbeitgeber herunter zu brechen.

Beispiele: Welche Auswirkungen hat die Flüchtlingsbewegung auf die Bundeswehr? Was bedeutet das G36-Aus für die Soldaten im Einsatz konkret? Blitzmarathon in Deutschland – darf die Militärpolizei im Einsatz auch „lasern“? Oder auch mal mit Augenzwinkern: Darf ich dem Vorgesetzten die Uniform-Krawatte an Rosenmontag abschneiden usw.

Wie kommst du in deinem Job am häufigsten an gute Geschichten, Informationen? Social Media, Newsseiten im Netz, persönliche Kontakte, eigene Recherche…

Die Mischung macht‘s. Twitter und die Agenturen laufen bei mir permanent im Hintergrund. Wertvolle Hinweise kommen immer wieder auch über unsere Facebook-Seite.

Bei uns melden sich sehr häufig auch Angehörige von Soldaten im Einsatz. Sie gehören nicht zu unseren Hörern, trotzdem brauchen wir sie, um ein gutes Programm machen zu können. Ohne Angehörige keine Grüße, keine Geschichten. Das zeigt den Spagat in unserer Programmplanung.

Guido Westerwelle im Interview mit Tobias Bach; Verena Bender, PR leben, PR- Blog, Köln, Coaching

Guido Westerwelle im Interview mit Tobias Bach

Trotzdem: Nichts geht über gute persönliche Kontakte. Unsere Reporter sind ständig unterwegs, in ganz Deutschland, auf der ganzen Welt. So haben sie in der Regel sehr gute Netzwerke, auch in die entlegensten Winkel der Welt bis in die höchsten Ebenen. Dabei ist nicht selten auch die Uniform ein Türöffner.

Was bedeutet für dich gute PR? Kannst du sagen, welche Eigenschaften ein guter PR-Mensch mitbringen sollte?

Gute PR ist immer auf spezielle ggf. sogar individuelle Bedürfnisse angepasst, niemals Massenware. Konkrete Vorschläge, maßgeschneiderte Angebote, insbesondere bei unserem sehr speziellen Programmauftrag haben bei uns – wenn überhaupt – eher Erfolg, als es Copy-Paste-PR hat.

Kannst du dich an eine PR-Aktion erinnern, die du richtig gut fandest?

Unsere größte Major-Promo des Jahres ist seit Jahren der „Radio Andernach Adventskalender“. Dabei arbeiten wir sehr intensiv mit PR’lern vieler Unternehmen zusammen. Dabei merken wir deutlich, wer seinen Job professional macht und unsere Anfragen ernst nimmt. Bemerkenswert finde ich dabei insbesondere diejenigen, die sich mit unserem speziellen Programmauftrag auseinander setzen und uns maßgeschneiderte Angebote bzw. die entsprechende Wertschätzung entgegenbringen. Das beginnt manchmal schon damit, unsere Compliance-Regelungen und Formulare zu akzeptieren.

Was sollte ein PR-Mensch im Job auf jeden Fall vermeiden? Gab es mal ein negatives PR-Erlebnis?

Es gibt leider immer wieder Situationen, die das Image der entsprechenden Unternehmen nicht fördern. Einige Unternehmen wollen sich bewusst nicht mit uns als Bundeswehr-Radio in Verbindung gebracht sehen. Auch das akzeptieren wir, auch wenn der Ton in Ausnahmefällen speziell ist.

Du bekommst viele Angebote von PR-Menschen, welche Angebote sind dir am liebsten und womit kannst du gar nichts anfangen?

Die Masse der Newsletter, Pressemitteilungen und Updates landet im Papierkorb. Innerhalb von zwei bis vier Sekunden muss ich wissen, ob das Ganze etwas für uns ist. Selten schafft es Content von der Stange zu uns ins Programm. Konkrete Ansprachen haben wesentlich bessere Chancen. Grundsätzlich stehe ich PR-Material, fertigen Beiträgen u.a. sehr kritisch gegenüber. Wenn ich das in seltenen Ausnahme-Fällen einsetze, dann deutlich gekennzeichnet, klar angesagt und ausgewogen dargestellt.

Welches Unternehmen / welche Marke leistet deiner Meinung nach richtig gute Öffentlichkeitsarbeit und warum,… was beeindruckt dich daran?

Ich bin immer wieder von den Apple-Keynotes beeindruckt. Die zaubern aus einer Jahreshauptversammlung ein Riesenevent, über das die ganze Welt spricht. Das ist bemerkenswert.

Sehr gute PR mit wenigen Mitteln habe ich in einem Wahlkampf in Bayern beobachtet. Während einer U-Bahn-Fahrt durch München standen an den einzelnen Haltestellen jeweils ein, zwei Menschen, die ein Partei-T-Shirt anhatten. Sie sind nicht eingestiegen, haben nichts gesagt, nichts getan. Sie standen einfach nur dort. Und trotzdem sind sie aufgefallen. Dort wurde mit wenig Geld kreative PR möglich. Das fand ich bemerkenswert und wirkungsvoll.

Könntest du dir vorstellen vom Journalismus in die PR zu wechseln? Warum /warum nicht?

Sicher wird Kommunikation immer eine Bedeutung in meinem Leben haben. PR derzeit eher nicht. Ich orientiere mich im Moment neu, meine Zeit bei der Bundeswehr endet 2017.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

2 Gedanken zu „PR im Bundeswehrradio

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