In welchen Fällen eine Pressemitteilung heutzutage noch Sinn macht, was Journalisten wirklich brauchen, um auf ein Thema anzuspringen und was Kommunikatoren auf jeden Fall lesen sollten…
Das sind nur einige Themen über die ich mir der wunderbaren PR-Kollegin und Buchautorin Meike Neitz im Interview gesprochen habe.
Was genau ist dein Job und wie bist du dazu gekommen?
Ich bin selbstständige Kommunikationsberaterin sowie Moderatorin und Keynote-Speakerin. Zudem schreibe ich regelmäßig für das Onlinemagazin Basic Thinking. Derzeit bin ich allerdings offiziell in Elternzeit.
Nach meinem Studium habe ich zunächst lange im Ausland in der Wirtschaftsförderung gearbeitet. Mein letztes Projekt brachte mich für ein Jahr nach Istanbul, wo ich Vural Öger kennenlernte. Ich heuerte bei seiner Firmengruppe in Hamburg an. Als Direktor Kommunikation & Business Development war ich u.a. für die gesamte Abwicklung von „Die Höhle der Löwen“ zuständig – von der PR bis zu Investitionsverhandlungen mit den Startups. Kurz vor Drehstart der 3. Staffel musste jedoch die gesamte Firmengruppe Insolvenz anmelden.
Da ich viele Anfragen von Startups bekam, die Kommunikations-Unterstützung für ihren Auftritt in die Höhle der Löwen und danach suchten, beschloss ich, mich erst einmal selbstständig zu machen. Das lief so gut, dass ich es bis heute noch bin.
Was bedeutet für dich gute Kommunikation? Kannst du sagen, welche Eigenschaften ein guter Kommunikator mitbringen sollte?
Gute Kommunikation bedeutet für mich vor allem Authentizität. Niemand sollte sich für die Öffentlichkeitsarbeit verbiegen – das fällt auf und schadet der Sache. Dies gilt für die Medienansprache, für die Inhalte genauso wie für die Auswahl der Kanäle: Nicht jedes Unternehmen muss zwingend auf Facebook, Twitter , Snapchat & Co vertreten sein. Man muss zu sich und seiner Zielgruppe ehrlich sein.
Ein guter Kommunikator sollte immer offen für Neues sein, gut schreiben können, Spaß am Netzwerken haben und kreativ sein. Zudem ist ein weiter Interessenshorizont und natürlich eine Affinität für Digitales wichtig.
Ist die Digitalisierung für die Kommunikationsbranche Chance oder Risiko?
Beides. Einerseits ist es natürlich toll, auf so vielen Kanälen kommunizieren zu können und die Chance zu haben, in einen sehr engen Dialog mit Kunden und Partnern zu treten. Auf der anderen Seite verlieren wir uns derzeit ja geradezu in Informationen und Nachrichten – der Kampf um die Aufmerksamkeit bestimmt die Kommunikation und ist viel schwieriger geworden, zu gewinnen.
Welchen Stellenwert hat Social Media für dich? Welches sind deine drei liebsten Plattformen und warum?
Social Media hat einen großen Stellenwert, denn in der Selbstständigkeit ist das Personal Branding unerlässlich – was vor allem auf den Sozialen Netzwerken betrieben wird.
Meine Lieblingsplattformen sind derzeit LinkedIn (sehr gute Sichtbarkeit, ansprechende Plattform und derzeit hohes Aktivitätslevel), Twitter (für seine Schnelllebigkeit und dem direkten Dialog) und Instagram (die schöne heile Welt der Farben und Filter – braucht man auch mal zwischendurch).
Ich muss aber auch ganz ehrlich zugeben, dass es mich manchmal ermüdet, ständig aktiv sein zu müssen. Ich habe darüber letztens auf Basic Thinking geschrieben („Meine digitale Erschöpfung“) und sehr viel positives Feedback bekommen – anscheinend geht es Einigen so, dass sie zwar viel Zeit mit Social Media verbringen, sich aber gleichzeitig wie in einem selbst erbauten Hamsterrad fühlen…
Du bist auch auf Twitter sehr aktiv. Welchen drei Kanälen/Personen sollten Kommunikatoren folgen?
- Klaus Eck – er ist der „Pro“
- Basic Thinking – große Themenvielfalt rund um Social Media, Marketing
- PR Hootsuite – hat sehr gute Inhalte
Wie wichtig ist das Thema „Personal Branding“ für dich? Wen betrifft PB in deinen Augen?
Für mich ist Personal Branding, wie kurz schon oben angesprochen, unerlässlich. Ich werde oft weiterempfohlen, aber auch über die Sozialen Medien gefunden. In der Selbstständigkeit ist Personal Branding besonders wichtig, aber selbst ein potentieller neuer Arbeitgeber wird nach einer Bewerbung erst einmal den Kandidaten googlen und unter die Lupe nehmen – daher betrifft das Thema Personal Branding heutzutage quasi jeden.
Wie wichtig findest du persönliche Kontakte im digitalen Zeitalter?
Egal, wie viel wir digital unterwegs sind: Nichts schlägt den persönlichen Kontakt!
Für wie relevant hältst du Pressemitteilungen?
Pressemitteilungen sind meines Erachtens nach nicht mehr relevant im Sinne ihres ursprünglichen Zwecks: Journalisten reagieren nicht auf 08/15 Pressemitteilungen, sondern auf Stories.
Es kann aber mitunter noch sinnvoll sein, um einen SEO-Effekt zu erzielen und um ein bestimmtes Ereignis komprimiert zusammenzufassen (vor allem für das Unternehmen selbst) und es dann zu kommunizieren. Die Pressemitteilung wird jedoch nicht mehr über einen „Pick“ entscheiden – das macht die Ansprache an die Redakteure.
Wie stehst du zum Thema „nachtelefonieren“?
Ich persönlich bin kein Fan davon und mache es sehr nach Bauchgefühl, ob ich nachtelefoniere oder (in den meisten Fällen) nicht.
Aktuell hast du gerade ein großartiges PR-Buch geschrieben. Kannst du in drei Sätzen zusammenfassen an wen es sich richtet und worum es geht?
Mein Buch „Einstieg in die PR“ richtet sich vor allem an Start-ups und Selbstständige, welche gerade erst mit der Pressearbeit anfangen, kein Budget haben, um eine Agentur zu beauftragen und es deshalb selbst in die Hand nehmen wollen.
Ich gebe ganz praktische Anfängertipps – zum Beispiel wie man seine „Themen“ findet und aufarbeitet, einen Presseverteiler erstellt und am besten in Kontakt mit Journalisten tritt, ohne diese zu nerven.
Gab es in deiner Laufbahn auch mal einen richtigen PR-Fail? Wie sah der aus und wie bist du damit umgegangen?
Um ehrlich zu sein gab es tatsächlich für mich persönlich noch keinen. Es gab einmal eine Situation, in der ein Startups aus DHDL (“Die Höhle der Löwen”) noch mehr Presse für sich rauszuholen und probiert hatte, die Bildzeitung auf Herrn Öger anzusetzen. Das ging allerdings nach hinten los und zeigte mir, dass Ehrlichkeit zum Glück doch immer am längsten währt.
Wie wichtig findest du gute Bilder für die PR?
Sehr wichtig und oft gerade bei Startups, mit denen ich ja oft zusammenarbeite, sehr unterschätzt. Da werden immer noch die abergleichen Stockbilder benutzt, so dass man bald das Gefühl hat, man kennt die Models darauf persönlich…
Du hast ja oft mit jungen Gründern zu tun. Welche drei Tipps gibst du ihnen für das erste Interview, das sie Journalisten geben?
- Gute Vorbereitung ist auch hier alles: Kenne das Medium, informiere dich über den Redakteur, frage, ob es mitunter möglich wäre, schon vorher die Fragen zu bekommen.
- „Stay humble!“ – also sei bescheiden und ehrlich (Und stelle dich bloß nicht als „das nächste Uber/Facebook/Airbnb etc“ vor! 😉 )
- Lasse dir die deine Zitate nach dem Interview zur Freigabe schicken.
Kannst du dich an eine PR-Aktion erinnern, die dich begeistert hat?
Dies ist zwei Jahre her, aber ich fand beispielsweise die Idee, von heute auf morgen alle ausländischen Produkte aus einem Supermarkt in Hamburg zu entfernen, um für Vielfalt zu werben und gegen Rassismus zu protestieren, sehr originell.
Zudem lässt sich das Berliner Start-up Einhorn immer neue coole Kampagnen einfallen: Es hat zum Beispiel mit einem großen österreichischen Traditions-Bierbrauer einen „CEO-Tausch“ gemacht und dies medial aufgearbeitet. Witzig und ausgefallen!
Was würdest du einem jungen Menschen raten, der nach dem Abi in die Kommunikationsbranche möchte? Welchen Weg sollte er einschlagen?
Mein Weg hat letztlich gezeigt, dass es immer möglich ist, auch auf Umwegen in die Kommunikation zu kommen. Wenn er oder sie sich jedoch direkt seiner Sache sicher ist: So viel Berufserfahrung sammeln wie möglich und etwas Mediennahes studieren. Dies kann aber auch erst im Master sein (ich habe beispielsweise erst International Relations als BA in Boston/Dresden und dann im MA Political Communications in London studiert).
Verrätst du uns drei Bücher / Podcasts oder Blogs die dich beruflich/ persönlich weitergebracht haben und du Kommunikatoren empfehlen kannst?
Ich höre regelmäßig den Online Marketing Rockstars Podcast von Philipp Westermeyer, finde den Newsletter von Dr Kerstin Hoffmann sehr gehaltvoll und schaue sehr gern auf pr-blogger vorbei.
Vielen Dank, liebe Meike!
Was ich auch unbedingt noch zu Meikes Buch erwähnen möchte: wenn ich das Sagen hätte, würde ich es als Pflichtlektüre für angehende Kommunikatoren einführen. #Werbungausüberzeugung
Ein Gedanke zu „“Personal Branding betrifft heutzutage jeden!”“
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