Warum der Journalist und Fotograf Karl Günther Rammoser schonmal von einem Fotopodest geschmissen wurde, was eine Wurstmaschine mit seinem Job zu tun hat und unter welchen Bedingungen richtig gute Pressefotos entstehen… Darüber und andere spannende Geschichten erzählt er bei PRleben.
Was genau ist dein Job und wie bist du dazu gekommen?
To cut a long story short: Arbeitsloser Lehrer, der Rockfan ist und schreiben kann, trifft Fotografen. Gemeinsam ersinnen sie einen „Pressedienst Rock & Pop“ und bedienen damit schon nach einem Jahr mehr als 30 Tageszeitungen. Der „Fotograf“ ist immer noch mein Kompagnon, die damals daraus entstandene „Public Address Presseagentur“ ist aber inzwischen eher eine Content-Agentur mit Webentwicklung, eigenem Portal und dem damit verbundenen Tanz auf allen Socialmedia-Kanälen.
Wie kommst du in deinem Job am häufigsten an gute Geschichten, Informationen, bzw. an Content? Social Media, Newsseiten im Netz, persönliche Kontakte, eigene Recherche…
Als ich Leonard Cohen einmal fragte, was einen kreativen Menschen auszeichne, sagte er: “Curiosity and Compassion!“ Diese fast manische Neugier, verbunden mit einem starken Mitteilungsbedürfnis und der „Hingabe“ an Themen und die beteiligten Menschen ist eher eine Charaktereigenschaft als ein Beruf. Und die treibt mich morgens in drei Tageszeitungen, tagsüber permanent auf die genannten Kanäle, in Gespräche mit meinen Mitarbeitern und abends vor den first und second screen. Das Ganze geht dann durch die Wurstmaschine und am anderen Ende kommt immer etwas heraus. Mittlerweile sind aber zwei Mitarbeiterinnen Vegetarier…
Als Fotograf warst du früher bei sehr vielen Veranstaltungen vor Ort. Welche Bedingungen braucht ein Pressefotograf, um vernünftig arbeiten zu können?
Einen Fotopass, kompetente Promoter, genügend Licht bei Konzerten, verbindliche Umgangsformen mit Securities und anderen Gewerken, die Erkenntnis, dass alle Beteiligten in einer Symbiose leben und voneinander profitieren sowie die dem Anlass angemessene Kleidung. Marek Lieberberg ließ mich mal vom Fotopodest bei Rock am Ring entfernen: Ich trug eine signalrote Aprilia-Jacke und MTV wollte wissen, wer das Rumpelstilzchen sei, das ihnen gerade die Metallica-Übertragung versaut.
Lebenslanges Lernen bedeutet auch: Schwarz tragen!
Was macht grundsätzlich ein gutes Pressefoto aus? Welche Bilder haben die größte Chance in der Presse stattzufinden?
Kostenneutrale, bewegte Bilder! Seit Harry Potter geht das auch in Zeitungen.
Aber im Ernst: Der Markt für konventionelle, kostenpflichtige Fotografie ist in Deutschland in sich zusammengebrochen. Zu viele liebenswerte Menschen mit mangelnden Umgangsformen und Fertigkeiten fluten die Venues und roten Teppiche und balgen sich erst um die Promis und dann um die wenigen Medienslots. Andersherum betrachtet: Endlich hat sich die Branche den Menschen und (neuen) Medien und technischen Möglichkeiten geöffnet. Facebook, Twitter und Periscope demokratisieren und marginalisieren die Berichterstattung gleichermaßen.
Was bedeutet für dich ganz allgemein gute PR? Kannst du sagen, welche Eigenschaften ein guter PR-Mensch mitbringen sollte?
Curiosity & Compassion. Ansteckende Begeisterung für das Thema und die Fähigkeit, sich in sein Gegenüber (Journalist) hineinzuversetzen. Kenntnis der in den früheren Antworten geschilderten Sachverhalte und manchmal ein klares Wort: „Du, ich mag den Mist auch nicht, den ich Dir hier gerade andrehen soll. Aber vielleicht kannst Du mir ja den Gefallen tun?“ Und anschließend das Standing, sich über ein „Ja“ still zu freuen und ein „Nein“ sofort wieder zu vergessen.
Was sollte ein PR-Mensch im Job auf jeden Fall vermeiden? Gab es mal ein negatives PR-Erlebnis?
Vermeiden? Das „Benötigen“. Meine frühere Freundin erfand das Wort, weil meine Mutter ihr zum dritten Mal Rouladen anbot, die sie schon zweimal abgelehnt hatte. Beim dritten Mal hat sie sie aber genommen.
Negatives PR-Erlebnis? Verdrängt, vergessen, vergeben…
Kannst du dich an eine PR-Aktion erinnern, die du richtig gut fandest? Welches Unternehmen / welche Marke leistet deiner Meinung nach richtig gute Öffentlichkeitsarbeit und warum,… was beeindruckt dich daran?
Die „wireinander“-Kampagne der Techniker Krankenkasse, bei der zunächst YouTuber, dann auch ganz normale Mitbürger ihre Lebens- und Leidensgeschichte öffentlich machen und mit anderen teilen können, hat mich beeindruckt – weil sie paradigmatisch für eine neue Authentizität in der Werbung steht. Der journalistischen Fairness halber sei hier auch erwähnt, dass die TK Werbepartner von www.pointer.de ist. Was an dem zuvor Gesagten nichts ändert.
Vielen Dank für das Gespräch!
2 Gedanken zu „“Curiosity & Compassion!“ und was das mit PR zu tun hat…“