[*Werbung / Unternehmensnennung*]
Eine Premiere im PRleben-Interview! Nach vielen Journalisten und Kommunikatoren aus ganz unterschiedlichen Branchen, gibt es heute zum ersten Mal ein Gespräch mit einem Fotografen. Einem Promi-Fotografen, um genau zu sein.
Mit Markus Nass spreche ich über die Themen Digitalisierung, Star-Allüren bei Shootings, optimale Arbeitsbedingungen am Roten Teppich und darüber, was PR-Menschen im Umgang mit Fotografen lernen müssen.
Was genau ist dein Job und wie war dein Weg dorthin?
Meine Jobs sind erstens Fotos von und für Schauspieler für Akquisezwecke und Presseveröffentlichungen zu erstellen und zweitens Fotomaterial für Presse- und PR-Zwecke von Veranstaltungen etc. zu produzieren.
Ich habe über ein Praktikum in einem Fotolabor den Werbefotografen Andreas Tillmanns kennengelernt. Der sagte damals: „Hier ist der Schlüssel zu meinem Studio, hier der zum Kameraschrank… tob dich aus.“ Das war eine tolle Fügung. Nach Assistenztätigkeit bei verschiedenen Fotografen kamen irgendwann die ersten eigenen Jobs. Und die wurden über die Jahre immer mehr.
Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Den gibt es nicht. Ganz grob gibt es drei Blöcke: Bürokram (Rechnungen, Angebote, Steuer, Shooting-Orga, Akquise…), Nachbearbeitung (Fotolook- Entwicklung, Versand…) und natürlich das Fotografieren.
Diese werden, so wie es zeitlich passt, abgearbeitet. Ich habe mal versucht feste Bürozeiten einzurichten. Das hat aber nicht funktioniert.
Was macht ein richtig gutes Pressefoto aus? Gibt es da bestimmte Kriterien?
Ein Videograph kann schwenken, schneiden, Text einblenden usw. Ein Fotograf hat genau einen Frame. Da muss alles Nötige an Informationen rein. Zudem muss es so komponiert sein, dass es den Blick des „Lesers“ auf sich zieht. Und außerdem muss es in groß und in klein funktionieren.
Es darf also nicht zu kleinteilig sein, da man ja oft nicht weiß, wie groß es im Medium stattfinden wird. Ob als Doppelseite im Magazin oder als kleines Foto eines Onlinenews-Artikels. Die Kollegen von den Nachrichtenagenturen könnten bestimmt noch viel mehr dazu sagen.
Dann weiß ich schon, wen ich demnächst mal um ein Interview bitte 😉 Du bist ja oft als Fotograf am Roten Teppich tätig. Was sind die optimalen Arbeitsbedingungen vor Ort?
Ich habe festgestellt, dass es zwei Arten von Agenturen gibt. Einerseits gibt es die, die nur möglichst viele Fotografen vor Ort haben wollen, damit ein großes Medieninteresse suggeriert wird und es z.B. für die Bewegtbildfraktion schön pompös aussieht im Schnittbild.
Und dann gibt es die, die ernsthaft an einem optimalen Ablauf für alle Gewerke interessiert sind. Die, die wissen, welche Medien zu welchem Thema wichtig sind. Da wird vorher entschieden, wer Veröffentlichungen generiert und im Vorfeld werden Plätze für die Fotografen zugewiesen. Da gibt es keine langen Wartezeiten. Und wenn doch, weil sich z.B. der Stargast verspätet, dann wird das kommuniziert. Es gibt ein Pressezentrum, und bei kleinen Veranstaltungen zumindest einen Arbeitsraum mit Tischen, Getränken und WLAN.
Die Künstler auf dem Roten Teppich werden aufgefordert mehrere Stopps zu machen und nacheinander in jede Kamera zu schauen. Oft passiert es z.B., dass mehrere Personen in einem Gruppenfoto Gespräche untereinander anfangen.
Da bedarf es eines Organisators, der die Protagonisten auffordert, sich auf die Fotografen zu konzentrieren. Die Kollegen hinter der Absperrung schreien in der Regel nicht, weil Ihnen das Spaß macht, sondern weil es oft auf dem Teppich ein heilloses Chaos gibt.
Was geht am Roten Teppich gar nicht? Welche Fehler können Organisatoren vor Ort machen?
Ein konkretes Bespiel: Vor ein paar Jahren wurden wir zu einem Fototermin eines Hollywoodstars in ein Hotel eingeladen. Dieser sollte um 14.00 Uhr stattfinden. Kurzfristig wurde er aber auf 13.00 Uhr vorverlegt.
Als es dann bereits 15.00 Uhr war – wir Fotografen also bereits zwei Stunden in einem schlecht belüfteten Raum gewartet haben und sich keiner der Verantwortlichen dazu äußerte – sind wir geschlossen gegangen und haben auf die Fotos der Schauspielerin verzichtet.
Eine Information, eine Entschuldigung und ein paar Getränke hätten viel geändert. Aber dieses Hinhalten war ein absolutes NO GO!
Wie findest du es, wenn PR-Leute im Vorfeld Plätze für Fotografen am Red Carpet abkleben? Sinnvoll oder nicht? Warum?
Ich finde es absolut sinnvoll und gut, weil es den Fotografen Zeit und Stress spart. Die Fotografen, die gut im Geschäft sind, haben keine Zeit, sich schon Stunden vorher einen Platz zu sichern.
Siehst du die Digitalisierung eher als Chance oder als Risiko?
Ich glaube in der Digitalisierung liegen grundsätzlich viele Chancen. Nur muss da Ordnung rein und Besonnenheit muss walten. In dieser digitalen Goldgräberstimmung kann es passieren, dass nicht der bessere „Künstler“ weiterkommt, sondern der bessere Vermarkter. Das sollte nicht sein.
Für Fotografen liegt in der Digitalisierung natürlich das Problem, dass der Markt überschwemmt wird. Einige Fotografen, die heute auf dem Markt sind, hätten sich eventuell früher nicht getraut, den einen oder anderen Job anzunehmen. Da hat man nicht auf einem Display gesehen, was rauskommt. Man musste sein Handwerk verstehen, um einen Film richtig zu belichten. Damit muss man wohl einfach umgehen. Ich bin jedenfalls dankbar, dass ich meine ersten Jobs analog machen durfte.
Wie denkst du über Plattformen wie Instagram und Co?
Für die Leute, die Lust und Zeit haben andauernd zu posten, um die Zahl der Follower zu erhöhen, ist es eine riesige Vermarktungschance. Ich persönlich tue mich ehrlich gesagt schwer damit. Aber mir ist klar, dass ich da mitmachen muss. Zumindest bis zu einem bestimmten Grad.
Ich wünschte, es wäre anders, aber in dem, was man macht, gut zu sein bringt nichts, wenn man nicht sichtbar ist. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sich nur sichtbar machen sollte, wenn auch etwas zu zeigen und/oder man etwas zu sagen hat. Also im extremsten Fall mehrmals täglich irgendetwas Belangloses zu posten, wäre nichts für mich.
Wie sieht es mit den diversen Bildbearbeitungsprogrammen aus, die sich jetzt jeder -zum Teil kostenfrei- aus dem Netz laden kann? Machen sie Fotografen das Geschäft kaputt?
Es gibt sehr gute kostenlose Programme. Hätte mir vor 15 Jahren jemand erzählt, dass man eines Tages tolle, scharfe, gut belichtete Fotos mit einem „Handy“ und einer kostenlosen Software (z.B. Snapseed) machen kann, hätte ich nur geschmunzelt. Ich habe noch die Worte einiger Kollegen zu Anfängen der DSLR-Fotografie im Kopf: „Das wird sich nicht durchsetzen…der Film wird immer besser sein.“ Und siehe da…
Trotzdem ersetzt die beste Digitalkamera und die beste Software nicht die Kreativität und das gute Auge. Und schon gar nicht die Interaktion und Energie beim Fotoshooting mit Menschen!!!!
Ich habe mich in einem Artikel neulich nicht ganz so nett über einige Pressefotografen geäußert…
Oh, das kommt mir bekannt vor. Natürlich gibt es Fotografen, denen man es nicht recht machen kann und natürlich gibt es auch unter Fotografen einige, die kein gutes Benehmen haben. Solche Leute gibt es in jeder Berufsgruppe. Was man aber nicht vergessen darf ist, dass die meisten dort von der Fotografie leben. Und der Kuchen wird kleiner, nicht zuletzt weil viele Redaktionen einen extremen Sparkurs fahren. Die Honorare sind extrem geschrumpft in den letzten Jahren.
Dazu kommt, dass immer mehr Fotografen den Markt überschwemmen. Und das nicht zuletzt wegen der in Frage 4 genannten PR-Agenturen, die Fotografen als Statisten benutzen. Auch wenn es kein Allheilmittel gibt: ich glaube, oft würde eine bessere Kommunikation im Vorfeld helfen.
Arbeitest du lieber am Red Carpet oder im Studio?
Definitiv im Studio, sofern „Studio“ als Ort für Shooting mit Menschen gemeint ist. Red-Carpet-Jobs sind für mich „Dienstleistung“. „Studio“ ist für mich Begegnung, Austausch, Kreativsein…
Wie schwierig ist die Zusammenarbeit mit Prominenten? Gibt es Situationen, die dir nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind?
Ich finde die Zusammenarbeit mit Prominenten überhaupt nicht schwierig, wenn wir mal den einen oder anderen aus deren Entourage ausblenden;). Aber mal ernsthaft – so abgedroschen das klingt: es sind „nur“ Menschen. Sie haben zwar besondere Talente, eine spannende Aura, aber auch Launen oder Unsicherheiten.
Seitdem ich aufgehört habe, zu viel „Wind“ zu machen, läuft es in der Regel vollkommen entspannt. Früher habe ich Dispos für Shootings geschrieben, viele Anrufe im Vorfeld getätigt und, und, und. Heute treffe ich mich mit Menschen zum Fotos machen. Und das passiert in der Regel von ganz alleine, weil ich angefangen habe, die vermeintliche „Wichtigkeit“ vor der Studiotür zu lassen.
Es gab mal einen Termin mit einer „Operndiva“. Sie wollte nach jeder Belichtung das Display der Kamera sehen. Einmal „Klick“ und schon kam „Can I see the photo please?“. Es war ein Krampf, vor allem, weil ich es persönlich genommen habe. So nach dem Motto „Sie vertraut mir nicht…ich weiß doch, was ich mache…“. Die Stimmung kippte. Heute würde ich anders damit umgehen. Ich würde versuchen, ihr die Unsicherheit zu nehmen, anstatt beleidigt zu sein.
Hast du ein Fotografen-Vorbild? Wer ist es und warum?
Es gibt für mich nicht DAS VORBILD. Aber ich mag z.B. die Portraits von Mathias Bothor sehr. Die folgende Anekdote ist eine Überlieferung eines Kollegen. Peter Lindbergh hat eine Auszeichnung bekommen.
Die Laudatorin, eine Kunsthistorikerin glaube ich, redete über Bildsprache und die „Quadratur des Kreises“, schwafelte „intellektuell“ daher. Peter Lindbergh kam auf die Bühne und sagte wohl etwas im Sinne von „Ich weiß ja nicht, was die gute Frau hier gerade geredet hat…ich mache einfach nur Fotos.“. Diese Attitüde liebe ich!!!!
Was dient dir als Inspirationsquelle?
Im Grunde überall. Ich versuche regelmäßig in Ausstellungen zu gehen. Wenn mir z.B. ein Foto in einem Magazin gefällt, schaue ich nach dem Credit und google. Außerdem finde ich Arte Tracks und RBB Stilbruch sehr inspirierend.
Vielen Dank, lieber Markus!