“Ich habe erlebt, dass PR-Menschen uns gegenüber handgreiflich wurden”

Von den Roten Teppichen bei großen Glamour-Veranstaltungen, über Experten-Interviews, bis hin zu “spontanen” Einsätzen in Katastrophengebieten, hat RTL-Reporterin Anna Hohns schon alles in ihrem Beruf gemeistert. Sie ist ein absoluter TV-Profi. Im PRleben-Interview erzählt sie, wie sie an Geschichten kommt, wie die Digitalisierung ihren Beruf verändert und was sie sich in der Zusammenarbeit mit PR-Menschen wünscht.

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Anna Hohns, RTL-Reporterin

Was genau ist dein Job und wie bist du dazu gekommen?

Ich arbeite von Hamburg aus als Korrespondentin für die bundesweit ausgestrahlten Sendungen der Mediengruppe RTL. Von Promi-Berichterstattung über Service-Themen bis hin zu Einsätzen im Breaking News-Fall im Ausland ist alles dabei. Ich hatte mich in Hamburg nach meiner Ausbildung an der RTL-Journalistenschule beworben.

Wie kommst du in deinem Job am häufigsten an gute Geschichten, Informationen?

Ich lese sehr viel und bin dabei eigentlich immer „auf Empfang“, ich scanne ständig Zeitungen, Zeitschriften und Social Media nach potenziellen Geschichten ab. Oft ergeben sich aber auch einfach aus dem Alltag heraus Beitragsideen, so etwas wie „Bleibt mein Flugticket auch nach der Air Berlin-Insolvenz weiterhin gültig?“

Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?

Ich starte meinen Arbeitstag meist damit, Themen aus unserer Region zu suchen, die auch für die bundesweite Berichterstattung eine Rolle spielen könnten. Diese bieten wir dann entsprechend unseren Kollegen in der Zentrale in Köln zur Umsetzung an. Bei Interesse recherchieren wir die Themen weiter an, fahren raus, um Interviews und Bilder zu drehen und schneiden den Beitrag im Anschluss.

Wir berichten aber auch live von vor Ort, schneiden Beiträge aus Elementen zusammen, die Kollegen in anderen RTL-Studios gedreht haben oder liefern selbst Material für einen Beitrag zu, wie z.B. O-Töne mit einem bestimmten Experten. Jeder Tag ist unterschiedlich. Das ist ja Schöne an unserem Job.

Wie sehr hat sich dein Job als TV-Redakteurin durch die Digitalisierung verändert?

Die Arbeit ist ortsunabhängiger geworden: Im Breaking News-Fall können wir mit dem Smartphone live berichten und erste Bilder von vor Ort senden. Wir können unterwegs Beiträge auf dem Laptop schneiden und sie per Internet zum Sender schicken. Das setzt natürlich voraus, dass man die Technik entsprechend beherrschen bzw. sich aneignen muss.

In Zeiten von Social Media erfahren wir von möglichen Geschichten und Entwicklungen heute zudem schneller als früher. Das ist auf der einen Seite natürlich ein Vorteil, auf der anderen Seite besteht aber auch die Gefahr, unabsichtlich falsche Infos zu verbreiten. Es ist deshalb enorm wichtig, solche Meldungen vorab richtig einzuordnen.

Du bist ja auch hin und wieder als Reporter am Roten Teppich unterwegs. Was sind für dich optimale Bedingungen bzw. was geht gar nicht?

Optimal ist: So viel Platz zu haben, dass jeder Kollege die Möglichkeit hat, vernünftig seine Arbeit zu machen. Kürzlich waren wir z.B. bei einer Veranstaltung, auf der uns vorab unser Platz am Teppich zugewiesen worden war – ein DIN A5-Blatt diente als Markierung. Zu dritt (Redakteurin, Kameramann, Ton-Assistent) kann man da maximal übereinander stehen, aber nicht nebeneinander.

Oft werden die TV-Teams auch so am Teppich platziert, dass sie zwar Interviews bekommen, aber keine Bilder von den Promis, wie sie über den roten Teppich gehen. Die brauchen wir aber auch für unseren Beitrag, der halt nie nur aus O-Tönen besteht.

Du führst regelmäßig Interviews mit (bekannten) Menschen. Welche drei Tipps würdest du Anfängern für eine solche Situation geben?

Gerade im tagesaktuellen Geschäft kann es natürlich passieren, dass man Interviews auch spontan führen muss. Aber wenn die Zeit vorher da ist, finde ich es wichtig, sich 1. vernünftig ins Thema einzulesen, 2. vorab die wichtigsten Fragen aufzuschreiben und 3. zu versuchen, sich in den Interview-Partner hinein zu versetzen. Wie würde ich reagieren, wenn mir diese Frage gestellt würde?

Was sind für dich die drei wichtigsten Seiten im Netz?

Seiten, die ich regelmäßig besuche, habe ich in dem Sinne gar nicht. Ich bin immer darauf bedacht, so umfassend informiert zu sein wie möglich und folge auf meinem Social Media- Accounts Gott und der Welt.

Hast du ein berufliches Erlebnis, welches dir nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist?

Ich habe das Glück, dass ich schon viele spannende Geschichten covern durfte. Ich war bei Vulkanausbrüchen auf Island, habe aus der Atacama-Wüste in Chile über die Rettung der 33 verschütteten Minenarbeiter berichtet, aus Malaysia über den Absturz der MH370. Ich war in Australien für „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ oder in London als Prinz George und Prinzessin Charlotte geboren wurden.

Ich freue mich immer sehr, wenn‘s ins Ausland geht. Meist kennt man sich vor Ort nicht aus, man muss immer wieder anders an die Berichterstattung ran gehen, das ist eine tolle Herausforderung.

Was bedeutet für dich gute PR? Kannst du sagen, welche Eigenschaften ein guter PR-Mensch mitbringen sollte?

Verständnis für beide Seiten finde ich wichtig. Ich verstehe natürlich, dass man das Beste für seinen Schützling, sein Event will. Das möchte ich aber auch für unseren Beitrag. Und ich freue mich immer, wenn ich jemanden vor mir habe, der auch unsere Branche kennt, der vorher schon mal in unserem Bereich gearbeitet hat. Ohne diese Kenntnisse ist es bei Problemen vor Ort oft schwierig, zu vermitteln, warum man gewisse Dinge eben nur auf eine bestimmte Art machen, drehen, fragen kann.

Was sollte ein PR-Mensch im Job auf jeden Fall vermeiden?

Ich möchte einfach nett behandelt werden. Es gibt Veranstaltungen, bei denen dir als Journalist das Gefühl vermittelt wird, dass du störst – obwohl man dich ja explizit eingeladen hat. Ich habe sogar schon erlebt, dass PR-Menschen uns gegenüber handgreiflich wurden.

Problematisch finde ich es außerdem, wenn ein Dresscode vorgeschrieben wird. Neulich hieß es in einer Einladung „bitte Abendkleid/Smoking“ für die berichterstattende Presse. Mal abgesehen davon, dass das nicht jeder im Schrank hängen hat: Ich möchte doch von vor Ort berichten und nicht mitfeiern.

Könntest du dir vorstellen, vom Journalismus in die PR zu wechseln?

Ach, man soll ja niemals nie sagen. Aber mir macht mein Beruf so viel Spaß, dass ich mir gerade gar nicht vorstellen kann, irgendetwas anderes zu machen. Außer vielleicht irgendwann, irgendwo in der Sonne zu sitzen und einen Krimi zu schreiben. Aber mir will einfach keine gute Geschichte einfallen.

Vielen Dank, liebe Anna. 

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