Achtung PR-Menschen: Erst denken, dann anbieten!

In zwei Tagen startet in der Hauptstadt zum 67sten Mal die Berlinale. Die Medien werden auf allen Kanälen einige Tage über die Filmfestspiele berichten. Wie viele Menschen schon Wochen und Monate vorher auf diese zehn Tage in Berlin hinarbeiten, bekommen allerdings die Wenigsten mit. Eine von ihnen ist die PR-Managerin und Künstleragentin Carolin Nünemann. Ein schöner Anlass hier ein wenig über ihren Job, auch unabhängig von der Berlinale, zu sprechen.

Im Interview mit PRleben erzählt sie über gute und schlechte PR, darüber ob Pressekonferenzen noch zeitgemäß sind und über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in unserer Branche.

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Carolin Nünemann, Ida PR

Sie sind selbstständige PR-Beraterin und haben vor knapp einem Jahr Ihre eigene Agentur gegründet. Für was steht Ida-Public Relations?

Der Name „Ida“ bedeutet aus dem Althochdeutschen übersetzt „Die arbeitende Frau“ / „Die das Werk vollbringt“. Der Name gefiel mir schon immer und hat in diesem Fall auch eine sinnvolle Bedeutung bezüglich meiner Tätigkeit. Ich betreue primär Schauspieler in Presse- & Öffentlichkeitsangelegenheiten, aktuell auch eine Buchautorin sowie ein Designerlabel.

Dazu gehört unter anderem Lancierung, Koordination und Betreuung von Interview- und Fototerminen, Fotoshootings und TV-Drehs, Vermittlung von relevanten Event-, und Premieren-Einladungen und „Celebrity Dressing“ sowie Akquise, Vermittlung und Abwicklung von PR Auftritten in Talk Shows oder sonstigen Unterhaltungsformaten.

Wie sah Ihr Weg in die PR aus?

Durch ein Praktikum im Rahmen meines Studiums in der Berliner Film-PR Agentur Limelight PR habe ich „Filmpresse Luft“ geschnuppert und bin nach wenigen Monaten als PR-Assistentin übernommen worden. Nach 10 Jahren in diversen PR Agenturen (Schwerpunkte Film-, Media-& Personality Relations) in Berlin und München habe ich mich nach der Geburt meiner Tochter selbstständig gemacht. Ein großes Thema, das mich u.a. zur Gründung von Ida-Public Relations bewogen hat, ist die viel diskutierte „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“.

Damit die Mütter von heute eine echte Chance haben, benötigen sie vertrauensvolles Entgegenkommen in Form von flexiblen Arbeitszeiten und die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice. An dieser Stelle hinkt Deutschland gewaltig hinterher. Wahrscheinlich -oder besser hoffentlich- ebnen die Mütter heute, die zum verantwortungsvollen Job als „Hausfrau und Mutter“ gleichzeitig am Berufsleben teilnehmen möchten, den Weg für die nächste Generation.

Was würden Sie jungen Menschen raten, die gerne im Bereich Kommunikation arbeiten möchten? Gibt es einen optimalen Einstieg in die Branche?

Einen optimalen Einstieg gibt es nicht. PR ist eine Quereinsteiger Branche, die Leute kommen von überall her, Geistes-, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften. Ein Praktikum oder Volontariat ist natürlich eine Option. Dann möglichst viele Erfahrungen in unterschiedlichen Firmen, auf Agentur- und Unternehmensseite, sammeln. So lernt man seine Vorlieben kennen, merkt was einem Freude bereitet und kann sich so am besten orientieren.

Je mehr kommunikative und zwischenmenschliche Erfahrungen man in den unterschiedlichsten Berufsfeldern gesammelt hat, desto besser weiß man, mit anspruchsvollen Situationen und Banalitäten des (Medien-) Alltags umzugehen. Ob studiert oder quereingestiegen: Netzwerken ist unabdingbar – wach, aufmerksam und interessiert sein.

Im Laufe Ihres Berufslebens haben Sie schon viele PR-Kampagnen umgesetzt! Welche ist Ihnen am nachhaltigsten im Gedächtnis geblieben und warum?

Jede größere PR-Kampagne hatte ihre Besonderheiten, die mir bis heute im Gedächtnis geblieben sind. Um eine, wenn auch private Besonderheit hervorzuheben:

Zuletzt sicher der Deutsche Filmball 2014 in München, bei dem ich im siebten Monat schwanger war und das Ding trotz der körperlichen Einschränkungen gewuppt habe – es geht alles, wenn man nur will und ein tolles Team -in diesem Fall S&L Medianetworx– an seiner Seite hat.

Was sollte ein PR-Mensch im Job auf jeden Fall vermeiden? An welches negative PR-Erlebnis erinnern Sie sich?

Zu aufdringlich sein. Ein „Nein“ absichtlich überhören. Nicht verbindlich sein. Respektlos und/oder überheblich sein. Dies sind meine negativen Erlebnisse in den vergangenen 10 Jahren. Gute PR Stories, in die man viel Mühe und Herzblut gesteckt hat und dann nicht stattfinden, bzw. nicht gedruckt werden, da an einer Stelle nicht gut kommuniziert wurde, Deadlines ignoriert wurden. All dies sollte man wahrnehmen und mit einem Lächeln als den Teil des Spiels realisieren, den man nicht akzeptieren und daher verändern möchte.

Welches Unternehmen / welche Marke leistet Ihrer Meinung nach richtig gute PR-Arbeit und was beeindruckt Sie daran?

Im Mode & Lifestyle Bereich Agenturen wie Nicole Weber Communications, Network PR oder Press Factory – die sind schnell, schlau und auf den Punkt.

Marken: DOVE mit ihrer Aktion „Real Beauty Sketches“ und aktuell „Meine Schönheit ist meine Entscheidung“ hat mich sehr berührt und offenkundig Einstellung und Verhalten der Zielgruppe positiv verändert. COCA COLA mit „Share a coke“, bei der sie ihren Firmennamen gegen personalisierte Dosen austauschten. Auch IKEA leistet über die Jahre kontinuierlich gute und innovative Pressearbeit.

Was ist Ihnen persönlich im Umgang mit Medien / Journalisten wichtig?

Offenheit, Professionalität, Verbindlichkeit auf beiden Seiten. Möglichst gut über sein gegenüber und dessen Zielgruppe und Wirkungsfeld informiert sein – nicht anbieten um des anbieten willens. Gezielt und sinnvoll.

Sind Pressekonferenzen noch zeitgemäß?

Einige Kollegen werden hier mit einem klaren „Nein“ antworten, dem ich persönlich nicht ganz zustimmen kann. In der Film-PR halte ich eine Pressekonferenz nach wie vor für relevant. Filme sind emotional und wollen bewegen. Pressekonferenzen mit Regie, Hauptcast und Produzent erlauben einen kurzen Blick auf die „private Seite“ der Macher… auch diese Seite transportiert Botschaften, Emotionen, Eindrücke und Befindlichkeiten.

Taucht während „Brangelinas“ Trennungsphase 2016 ein Heer von Journalisten zu einer „Brad Pitt`s-Neuer-Film-Pressekonferenz“ auf, um etwas über den Film zu erfahren…? Wie sieht er aus? Was gibt er von sich? Lässt er sich etwas anmerken, Mimik/Gestik? Wie reagiert er auf persönliche Fragen der Journalisten? Die (Nicht-) Antworten auf diese Fragen, das Vorher/Nachher, etc. liegen im öffentlichen Interesse. Inhaltliche Informationen zum Film gibt es an jeder „Straßenecke“. Natürlich haben wir inzwischen technisch ganz andere Möglichkeiten. Doch die persönlichen Stimmungen, reale, spontane Reaktionen und Antworten bekommt man nur im direkten Kontakt. In Politik und Wirtschaft schaut es sicher anders aus, hier spielt Zeit eine große Rolle.

Welche Social Media Kanäle spielen in der PR für Sie eine große Rolle und welche stehen eher hinten an?

Die Klassiker Instagram, Facebook und Youtube natürlich sowie Plattformen wie LinkedIn und Xing für Branchenkontakte – diese sind nicht nur journalistisch relevant, auch Designer, Marken oder Full-Service PR-Agenturen tummeln sich auf diesen Plattformen. Marken und Agenturen checken beispielsweise anhand von Instagram den „Marktwert“ des Künstlers und entscheiden sich so für oder gegen eine Kooperation. Filmrollen werden teilweise aufgrund von „Followern“ und „Likes“ vergeben. Hinten an stehen für mich persönlich und für mein Daily Business Plattformen wie Twitter, Pinterest oder Google+.

Könnten Sie sich vorstellen als Journalist zu arbeiten?

Ich finde dieses Berufsfeld sehr interessant. Für den Moment genieße ich meine Arbeit mit Ida – Public Relations und freue mich über die intensive Zusammenarbeit mit tollen Künstlern und Marken.

Vielen Dank für das Gespräch.

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