„Bewahre Dir die Freude an Deinem Tun!“

…und weitere Ratschläge eines PR-Profis!

Mitte November die Premiere des Musicals ROCKY in Stuttgart, einen Tag später die erste Show für „Das Phantom der Oper“ in Oberhausen und am kommenden Wochenende die Deutschland-Premiere von Aladdin in Hamburg. Überall dort  trägt Stage-Unternehmenssprecher Stephan Jaekel die PR-Verantwortung mit. Bei jedem Roten Teppich ist er anwesend, stellt sich den Fragen der Journalisten, sucht von sich aus den Kontakt und ist immer freundlich, herzlich und respektvoll…

Mit PRleben spricht der oberste PR-Mann von Stage Entertainment  Deutschland über seinen Job und gibt hilfreiche Tipps. Nicht nur für Anfänger!

Heute bist du Sprecher des Unternehmens Stage Entertainment – für viele ein Traumjob. Wie war dein Weg dorthin?

Sehr unkonventionell! Nach meinem zweiten juristischen Staatsexamen in München hatte ich ein Jobangebot aus Brüssel, das mich als großem Fan der französischen Sprache sehr gereizt hat: Lobbyist für das EU-Büro der Deutschen Bahn AG. 28 laufende Gesetzgebungsverfahren, die für den Konzern von großem Belang waren, galt es zu betreuen. Da musste ich juristisches und diplomatisches Gespür mit dem geschickten Einsatz von Öffentlichkeitsarbeit verbinden. In ähnlicher Funktion wechselte ich danach zum Bertelsmann Konzern in die eCommerce Group, die sich vor allem mit der Online Musikplattform Napster beschäftigte.

Stephan Jaekel, Unternehmenssprecher von Stage Entertainment - Deutschland. Photo: Stage Entertainment/Morris Mac Matzen, Verena Bender, PRleben, Blog, Coach, Köln

Stephan Jaekel, Unternehmenssprecher Stage Entertainment – Deutschland.
(Stage Entertainment/M.M. Matzen)

Dann lernte ich bei einem Projekt den seinerzeitigen Stage Deutschlandchef kennen und stieg als Beauftragter der Geschäftsführung in Hamburg ein.

Mich reizten neben der Branche vor allem die Aufbruchsstimmung und die besondere Atmosphäre in einem inhabergeführten Unternehmen. Mit dem Einstiegsjob war verbunden, dass ich Stage aus vielen Perspektiven kennen gelernt habe: Produktionsprozesse, Lizenzverträge, das Geschäftsmodell, der Umgang mit Künstlern und Kreativen etc. Erst danach wechselte ich in die reine Öffentlichkeitsarbeit – mit Verantwortung sowohl für Corporate als auch für die Produkt PR. Diese Nähe zu den unternehmerischen Entscheidungen ist sicher für klassische PR Karrieren ungewöhnlich, hilft mir aber enorm in der Komplexität meiner jetzigen Aufgabe.

Was sollte ein PR-ler im Job auf jeden Fall vermeiden? Gab es mal ein negatives PR-Erlebnis?

Ich spreche an dieser Stelle allen Medienvertretern meinen Respekt dafür aus, dass sie die Superlative in unseren Pressemitteilungen auch nach jahrelanger Zusammenarbeit noch geduldig über sich ergehen lassen. Es wäre toll, wenn wir selbst den Mut hätten, so manches „Stimmung!“-Adjektiv einfach mal wegzulassen. Ansonsten traue ich mich kaum, allgemeine Ratschläge zu erteilen. Fallen gibt es viele, doch das ist sicher von Aufgabe zu Aufgabe unterschiedlich.

Ein richtiggehend negatives PR-Erlebnis hatte ich in meinen vielen Jahren hier bei Stage noch nicht. Musicals sind natürlich auch ein dankbares, buntes Thema, das wenige Menschen wirklich ärgert oder provoziert. So haben sich meine eigenen Ansprüche an die Qualität unserer PR-Ergebnisse über die Jahre sehr nach oben geschraubt, und ich empfinde es schon als negatives Erlebnis, wenn eine qualitativ gute Tageszeitung einen fachfremden Kollegen eine Rezension über uns schreiben lässt. Da musste ich bei Bahn und Bertelsmann doch mit ganz anderen, größeren Herausforderungen fertig werden.

Was bedeutet für dich gute PR? Welche Eigenschaften sollte ein guter PR-Mensch mitbringen?

Gute PR sollte überraschend sein, ohne übertreiben zu müssen. Inhaltsgetrieben, aber nie langweilig. Auch mal schweigen bzw. Stille aushalten können. Auf die Journalisten und ihre Medien eingehend. PR darf auch mal einen schnellen Erfolg erzielen wollen, wird aber meistens erst dann richtig gut, wenn sie sich über einen langen Zeitraum als glaubhaft und unterhaltsam durchsetzt.

Ein guter PR-Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er – oder natürlich sie – für den Inhalt brennt, der vermittelt werden soll. Und nicht enttäuscht zu sein, dass nicht jedes Medium oder jeder Journalist diese Begeisterung teilt.

Präsentation der aktuellen HOLIDAY ON ICE-Show BELIEVE (Stage Entertainment/M.M. Matzen), Verena Bender, PRleben, Blog, PR, Coaching

Präsentation der aktuellen
HOLIDAY ON ICE-Show BELIEVE
(Stage Entertainment/M.M. Matzen)

Womit wir beim aus meiner Sicht noch wichtigeren Punkt sind: Kenne die Medien und ihre Bedürfnisse! Stricke Deine Geschichten so, dass sie dem Medium und seinen Konsumenten gerecht werden. Pflege Dein persönliches Netzwerk. Sei durchaus auch streng mit Deinem Schatz an Fotos, Ton, Bewegtbild. Unterschätze die Kraft des Mediums Radio nicht. Bleibe so ehrlich, wie es nur irgend möglich geht. Und bewahre Dir die Freude an Deinem Tun.

Was rätst du jungen Menschen, die in die PR möchten? Welchen Weg sollten Sie einschlagen?

Wer gleich nach der Schulausbildung PR als Berufsziel vor Augen hat, dem bieten sich heutzutage vielfältigste Möglichkeiten – von praxisorientierten Kommunikations- oder medienwissenschaftlichen Studiengängen über Volontariate bis hin zu hoch spezialisierten Ausbildungsstätten. Einen Quereinstieg wie bei mir kann man wohl kaum strategisch planen; allerdings dürfte ein Hochschulstudium hier in Deutschland noch immer eine ganz gute Ausgangsbasis für einen anspruchsvollen Berufsweg darstellen. Ein Muss ist das natürlich nicht – es kommt vor allem auf die eigenen Neigungen und Begabungen an.

Als sehr gut empfinde ich Kollegen, die Erfahrung sowohl auf journalistischer als auch auf Agenturseite gesammelt haben: Das erleichtert das Verständnis für die jeweilige Perspektive.

Im Laufe deines Berufslebens bei der Stage Entertainment hast du viele, viele PR-Kampagnen umgesetzt! Kannst du sagen, welche dir am nachhaltigsten im Gedächtnis geblieben ist und warum?

Die Einführungskampagne für unsere Eigenproduktion DAS WUNDER VON BERN, 2014 in Hamburg, weil sie gekoppelt war mit der Einführung unseres ersten Theater-Neubaus überhaupt. Ich musste mich mit meiner Idee, die Theatereröffnung von der Weltpremiere zu trennen, zunächst gegen interne Widerstände durchsetzen. „Zu viele Anlässe“, hieß es, „zu verwirrend!“ Dabei war ich fest davon überzeugt, dass unser schönes neues Haus auf der südlichen Elbseite neben dem Theater im Hafen („Der König der Löwen“) auch unabhängig von dem in ihm gezeigten Musical eine besondere Würdigung verdient.

Am Ende waren alle überzeugt. Denn heraus kam eine dreifach-Kaskade aus einer großen abendlichen Laser-Show mit Bürgereinladung und Sperrung der Elbe zur Theatereröffnung, einer üppigen Vernissage zur eigens für das Haus zusammen gestellten Foyer-Kunstsammlung und natürlich der Uraufführung des Musicals selbst. Die Medien kamen wochenlang nicht an uns vorbei. Und wir boten ihnen immer wieder spannende Bilder und Geschichten, die am Ende allesamt auf das neue Stück einzahlten.

Welches Unternehmen / welche Marke leistet – neben euch! – deiner Meinung nach richtig gute Öffentlichkeitsarbeit und warum,… was beeindruckt dich daran?

Danke für das Kompliment! Puuh, eine schwierige Frage, da gibt es doch sehr viele Beispiele für gute Öffentlichkeitsarbeit. Ok, ich entscheide mich für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): Mit aufmerksamkeitsstarken, den Mensch in den Mittelpunkt stellenden Aktionen, gelingt es ihnen, ein an sich trockenes Thema mit Leben zu füllen, und sie beweisen dabei immer wieder auch Augenzwinkern und Selbstironie. Zum Beispiel die Twitter Kampagne „Weil wir Dich lieben“. So etwas finde ich sehr sympathisch.

Als Marke ist und bleibt Apple bewundernswert. Man muss die Firma nicht mögen: Ihrer reduzierten Ästhetik und selbstbewussten Markenansprache kann man sich kaum entziehen.

Was ist dir ganz persönlich im Umgang mit Medien wichtig?

Respekt, Respekt, Respekt. Ich unterstelle jedem einzelnen Medienvertreter grundsätzlich, dass er/sie einen guten Job machen will. Wie ich auch. Die Methoden und die Kultur, in der das erreicht werden soll, unterscheiden sich notwendigerweise. Aber wenn ich mit der Grundhaltung „Ich möchte Dich verstehen!“ auf die Medien zugehe und das auch zeige, akzeptieren diese ihrerseits fast immer ein „Nein“, wenn dieses aus meiner Sicht eben doch mal erforderlich ist.

Könntest du dir vorstellen als Journalist zu arbeiten?

Eher als Roman-Autor. Bücher zu publizieren, Geschichten zu erzählen, das reizte mich ungeheuer. Aber für einige, der mit dem journalistischen Beruf verbundenen Voraussetzungen wie Recherche-Spürnase , Zeitbeschränkung, vielleicht auch Härte und Chuzpe, mangelt es mir wohl an Begabung.

Vielen Dank für das interessante und ausführliche Interview!

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