Von montags bis freitags um 9 Uhr ins Büro und um 17h den Stift fallen lassen!? Diese Zeiten sind in der Kommunikationsbranche schon lange vorbei. Durch die Digitalisierung hat sich viel verändert. Ein spannendes Gespräch mit Stephanie Kowalski, der Expertin für Online PR, über die Herausforderungen an Kommunikatoren in Zeiten von Social Media.
Was genau ist dein Job und wie bist du dazu gekommen?
Das verrät der Name meines Blogs – Online PR Guide – bereits: Ich fungiere für Unternehmen, die Orientierung und Unterstützung auf dem Weg zur Online-PR suchen, als Lotse. Dazu gekommen bin ich durch meine Leidenschaft für PR, Online- und Social-Media-Kommunikation. Die führte mich fast schon automatisch zur Online PR.
Was ist (in einem Satz!) gute Online-PR?
An dieser Stelle zitiere ich gerne Marie-Christin Schindler: Online-PR ist eine Erweiterung der klassischen PR; das geplante und dauernde Engagement eines Unternehmens oder einer Person im Social Web.
Wo liegt bei deinen Kunden der stärkste Aufklärungsbedarf?
Der Aufklärungsbedarf beginnt mit der Definition von Online-PR und einer Erklärung, was unter dieser Teildisziplin überhaupt zu verstehen ist. Sobald Kunden aber verstanden haben, dass auch hier klassische PR-Strategien – eben nur ein wenig angepasst – angewendet werden können, ist alles gut. Mir ist wichtig, deutlich zu machen: Online PR erfindet das Rad nicht neu, nutzt aber neue, digitale Kommunikationskanäle und -methoden.
Persönliche Kontakte zu Journalisten, ein gutes Netzwerk, sind in der „klassischen PR“ das A und O. Wie sieht das im Bereich der Online-PR aus?
Das ist im Bereich der Online-PR nicht viel anders. Der persönliche Kontakt bzw. der persönliche Dialog wurde hier noch erweitert: Man tritt nicht nur mit Journalisten, sondern auch mit der eigenen Zielgruppe und relevanten digitalen Multiplikatoren in Kontakt. Dementsprechend groß ist dann auch das digitale Netzwerk.
Und wie bei der klassischen PR gilt auch bei der Online PR: Das persönliche Netzwerk und der Personal Brand sind enorm wichtig. Einzig im Bereich Personal Branding gilt es vielleicht, ein klein wenig mehr Aufwand zu betreiben als bisher.
Wer ist für dich in Sachen Online-PR ganz weit vorne und warum?
Als Einzelperson würde ich meine österreichische Kollegin, Ivana Baric-Gaspar, nennen. Sie hat weitaus früher damit angefangen über Online PR zu schreiben und hat auf dem Gebiet einige Jahre Berufserfahrung mehr. Für mich war sie einer der Gründe, warum ich mit dem Bloggen und dem Freiberuf angefangen habe. Ein Blick auf ihre Seite keen-communication lohnt sich.
Ein Aspekt digitaler Kommunikation, der mich besonders beeindruckt, ist die Art und Weise wie Microsoft Deutschland Influencer Relations betreibt. Magdalena Rogl und ihr Team sprechen Multiplikatoren gezielt an (Schönes Beispiel ist hier die Blog-Artikel-Reihe: #Schichtwechsel). Außerdem motivieren sie die eigenen Mitarbeiter dazu, Social Media zu nutzen und über ihren Alltag zu erzählen.
Welche Online-Kampagne / -Aktion ist dir negativ im Gedächtnis geblieben. Was wurde bei der Planung / Umsetzung außer Acht gelassen?
Ich gebe zu: Mit dieser Frage tue ich mich schwer. Nicht, weil mir keine Beispiele einfallen, sondern weil ich es schwierig finde, eine Kampagne zu beurteilen, ohne die Hintergründe zu kennen. Natürlich fallen mir Beispiele wie der recht aktuelle Pepsi Spot ein, der zu plump mit dem in den USA kritischen Thema der Proteste umgegangen ist. Doch das ist erstens Werbung und keine Online PR und zweitens kann ich nicht beurteilen, ob er aus Marketingsicht seinen Zweck nicht doch erfüllt hat.
Für mich ist immer wichtig: Ohne Ziele und Beweggründe zu kennen, verkneife ich mir eine Beurteilung. Nur weil etwas von außen gescheitert oder schlecht wirkt, muss das noch lange nicht stimmen. Dafür gibt es zu viele unterschiedliche Ziele und Optionen in der Online PR.
Welche drei grundlegenden Dinge haben sich durch die Digitalisierung in der PR verändert?
Kommunikation findet jetzt 24/7 statt. Das heißt, dass man als Unternehmen auch 24/7 zum Kommunizieren bereit sein muss. Es kann schließlich immer etwas passieren. Mithilfe von Social Media hat auch die Zielgruppe eine Stimme. Früher hat nur das Unternehmen kommuniziert – es wurde ein Monolog geführt. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Jetzt reden beide Seiten – es kommt zum Dialog. Dementsprechend muss man auch seine Kommunikationsstrategie anpassen – ansonsten fehlen einem die Worte.
Wir kommunizieren nicht nur die ganze Zeit – also 24 Stunden am Tag. Sondern wir kommunizieren auch viel schneller als früher. Aufgrund der hohen Kommunikationsgeschwindigkeit kann man schnell den Überblick verlieren – besonders dann, wenn man über mehrere Kanäle hinweg kommuniziert. Zum Glück gibt es Monitoring Tools, die einem unter die Arme greifen.
Ist die Digitalisierung für dich Chance oder Risiko?
Ich sehe die Digitalisierung als Chance: Noch nie war es so einfach sich mit Menschen weltweit zu vernetzen und zu diskutieren. Das vereinfacht auch die Möglichkeiten der Kommunikation und damit auch der PR-Arbeit – ich kann haarklein definieren, wer zu meiner Zielgruppe gehört und diese mit den passenden Inhalten und Botschaften versorgen.
Und klar, wenn es die Digitalisierung nicht gäbe, wäre ich vielleicht nie Freiberuflerin geworden. Schließlich dreht sich alles bei mir um Online PR. Andererseits beobachte ich auch, wie schwer sich viele kleine und mittelständische Unternehmen mit der Digitalisierung tun. Der Sprung von alten zu neuen Technologien ist mit immensen finanziellen und personellen Investitionen verbunden. Für große Unternehmen kein Problem. Für kleine Unternehmen eine Herausforderung.
Welches sind deine drei liebsten Plattformen im Netz und warum?
Twitter, LinkedIn und Instagram. Auf Twitter muss man mit 140 (jetzt zum Teil 280) Zeichen kommunizieren. D.h. man muss möglichst präzise und auf den Punkt kommunizieren. Seit dem ich Twitter nutze, hat sich auch insgesamt meine Art und Weise wie ich kommuniziere verbessert. Ich komme schneller auf den Punkt. 😉
LinkedIn bietet mittlerweile auch im Business-Bereich viele Möglichkeiten mit anderen Leuten in Kontakt zu treten und Inhalte zu teilen. Mit LinkedIn Pulse kann ich kurze Kommentare und Statements verfassen, mit LinkedIn Video Einblicke in meinen (Unternehmens-/Berufs-) Alltag gewähren oder von Events vermitteln. Ein weiteres Plus ist der Faktor Internationalität: Ich kann mich mit Menschen weltweit vernetzen und zu unterschiedlichen Themen austauschen.
Ich bin ein visueller Mensch. Das heißt auch, dass ich sehr stark visuell kommuniziere. Es gibt kaum ein besseres Netzwerk dafür als Instagram. Hier steht das Bild im Vordergrund – nicht unbedingt der Text, der darunter steht. Und ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. 😉
Wie schwierig ist es für dich, einen Abend nicht zum Smartphone (oder Laptop) zu greifen?
Das fällt mir grundsätzlich sehr schwer. Der Großteil der Projekte, die ich betreue, finden im Social Web statt. Da kann jederzeit etwas passieren. Dennoch versuche ich am Wochenende oder im Urlaub bewusst abzuschalten – das funktioniert meistens auch gut.
„Dürfen Kommunikatoren Social Media Muffel sein?“ Steffi Tönjes (Deutsche Telekom) und Daniel Neuen (Chefredakteur PR Report) haben diesbzgl. ihre Ansichten geäußert. Was ist deine Meinung?
Witzig, dass du diese Beiträge erwähnst. Hierzu habe ich mich erst vor kurzem auf meinem Blog geäußert. Steffi Tönjes und Daniel Neuen haben die Situation bzw. die Problematik schön umschrieben. Und sie haben recht.
Ich stimme aber auch Manuela Seubert zu: Statt sich zu sehr auf die Online-Verweigerer zu konzentrieren, sollten wir überlegen, wie man den digitalaffinen Kommunikatoren helfen kann. 😉 Ein paar Ideen habe ich dazu auch in meinem Beitrag erwähnt. Wer auf Social Media aktiv sein will, kann soziale Netzwerke auch auf seinem Smartphone mobil nutzen. Mithilfe von Automatisierung kann man seine Beiträge schnell, einfach und gezielt planen.
Kannst du dich (ganz allgemein) an eine PR-Aktion erinnern, die dich begeistert hat? Wenn ja welche und warum?
Aktuell wird über die Aktion von Edeka heiß diskutiert. Im Hamburger Hafencity Edeka wurde ein Kühlregal leergeräumt und ein Schild „So leer ist ein Regal ohne Ausländer“ daneben platziert. Schon allein die Idee und die Botschaft dahinter sind sehr aussagekräftig. Was ich aber noch raffinierter finde – und dieser Aspekt ist gewollt oder ungewollt – EDEKA nimmt hierzu keine Stellung, sondern verweigert die Kommunikation. So wirkt das Bild noch viel stärker und die Diskussion geht weiter. Clevere Aktion zum Thema Vielfalt.
Könntest du dir vorstellen, von der PR in den Journalismus zu wechseln? Warum /warum nicht?
Auch in der PR muss man viel schreiben. Da ich mich aber für viele unterschiedliche Themen begeistere, würde es mir schwerfallen ein Schwerpunktthema als Journalist zu haben. Daher bleibe ich erst mal Blogger. Journalismus ist eine ganz andere Liga.
Vielen Dank, liebe Steffi!