„Ich wünsche mir, dass sich die Zeiten für Journalisten verbessern!“

Zwei Kommunikationsprofis in einem Interview: Leonie und Katrin Bechtoldt. Sie sind keine Schwestern, sondern Schwägerinnen. Die eine ist verantwortliche Pressereferentin in der VOX Kommunikation, die andere war lange die Pressesprecherin von eBay Deutschland und hat vor zwei Jahren ihre eigene Agentur „Style-bergauf“ gegründet.

Ganz „nebenbei“ betreiben sie gemeinsam das Lifestyle-Blog „FOURhang auf“ und die daran angeschlossenen Social-Media-Plattformen. Obendrein immer perfekt gestylt und äußerst kompetent.

Leonie und Katrin Bechtoldt, Fourhangauf, Blogger, Kommunikation, Medien, PR, Verena Bender, PR Coaching, Dozentin, Verena Schmalenbach, Public Relations, Marketing, Entertainment

Leonie und Katrin Bechtoldt

  1. Ich freue mich sehr, dass ihr nun sogar Zeit für mich habt. Bitte erzählt doch einmal kurz jeweils euren Lebensweg. Was macht ihr heute genau und wie war euer Weg dorthin?

KATRIN: Nach meinem Abitur habe ich in Osnabrück Kommunikations-Management studiert. Meine Diplomarbeit schrieb ich dann sehr praxisorientiert in der RTL Kommunikation. Und von der Diplomarbeit ging es für mich dort direkt weiter mit einem Volontariat. Seit 2007 arbeite ich nun in der VOX Kommunikation, mittlerweile als verantwortliche Pressereferentin. Den Blog „FOURhang auf“ haben wir 2016 ins Leben gerufen.

LEONIE: Das würde bei mir etwas länger dauern. Deshalb in Kürze: Abitur, Studium in Berlin „Absatzwirtschaft & internationales Marketing“. Atlanta 1995 – 1996: Betreuung der Sponsoren der deutschen Olympiamannschaft. Zurück in Deutschland ging es für zwei Jahre nach Hamburg in eine Sport-Kommunikationsagentur – der Schritt in die PR. 2000 ging es dann ohne einen Funken Ahnung von Internet zu eBay und ich hatte dort die beste Zeit meines Arbeitslebens. 15 Jahre Full-Speed, davon sieben Jahre verantwortlich für Consumer PR und Pressesprecherin. Die letzten beiden eBay-Jahre als Head of Marketing Initiatives positionierte ich eBay im Bereich Fashion und Lifestyle. Seit 2016 berate ich nun Unternehmen aus dem Bereich Fashion Retail, wie Ingolstadt und Wertheim Village, und eine B2B-Firma, die wieder verschließbare Getränkedosendeckel herstellt. Also wie man sieht: ein breites Spektrum.

2. Katrin, wie gestaltet sich dein Arbeitsalltag? Was sind deine Aufgaben in der        Kommunikation bei einem Fernsehsender?

Insgesamt sind wir vier Referenten in der VOX Kommunikation und je nach Lust und Vorlieben betreuen wir die einzelnen Formate. Ich kümmere mich z.B. um die Modeformate „Shopping Queen“ und „Promi Shopping Queen“, aber z.B. auch um „Sing meinen Song“, „Das perfekte Dinner“, „Prominent!“, „Der V.I.P. Hundeprofi“ etc. Ein typischer Tag beginnt mit dem Quotencheck. Wenn wir besonders gute Quoten bzw. Rekordwerte haben, schreiben wir als erstes eine Pressemitteilung, die wir an die Medien verschicken.

Um Pressearbeit von Fernsehsendungen machen zu können, müssen wir uns natürlich die Formate selbst anschauen, dazu dann Pressetexte verfassen, Biographien schreiben, Interviews mit unseren Gesichtern führen und vermitteln, Journalisten Geschichten anbieten, Pressekonferenzen organisieren. Natürlich ist Social Media auch ein riesiges Thema.

3. Leonie, du bietest „360Grad Kommunikation“. Was verbirgt sich dahinter? Wie sieht dein   „typischer“ Arbeitstag aus?

Das Thema 360-Grad-Kommunikation ist für mich essentiell, wenn man dem Endkonsumenten eine einheitliche Message zukommen lassen möchte. Völlig unabhängig, ob es sich um online oder traditionellen Handel handelt. Der Kunde ist das Wichtigste und sollte durch, auf seine Bedürfnisse zugeschnittene, Aktivierung erreicht und nicht mit unterschiedlichen Messages beballert werden. Dahingehend werden alle Kanäle, sei es auf Marketing-Seiten und Public Relations, aufeinander abgestimmt.

Im Augenblick reise ich von Montag bis Mittwoch entweder nach Ingolstadt oder Wertheim und bin dort für die sogenannte Village-Choreographie zuständig, Donnerstag und Freitag bin ich für meine anderen Kunden und den Blog im Einsatz. Wobei Instagram natürlich täglich auch von mir bespielt wird.

Leonie Bechtoldt - Kommunikationsexpertin, Leonie und Katrin Bechtoldt, Fourhangauf, Blogger, Kommunikation, Medien, PR, Verena Bender, PR Coaching, Dozentin, Verena Schmalenbach, Public Relations, Marketing, Entertainment

Leonie Bechtoldt – Kommunikationsexpertin

4. Wie kam es zu der Gründung von „FOURhang auf“?

KATRIN: Meine Nachbarin/Freundin und ich wurden gleichzeitig schwanger. Unsere beiden Kinder kamen im Abstand von zwei Tagen zur Welt. In der darauffolgenden einjährigen Elternzeit verbrachten wir beide viel Zeit zusammen. So reifte die Idee für einen Blog. Wir wollten das Projekt mit weiterer Unterstützung angehen und so kamen eine weitere Freundin und Leonie hinzu. Mittlerweile rocken Leonie und ich den Blog zu zweit. Zusammen können wir die Zeit besser aufteilen und trotzdem den Blog regelmäßig befüllen.

  1. Betreibt ihr das Blog rein aus Spaß oder nehmt ihr dadurch auch Kenntnisse für eure tägliche Arbeit in der PR mit?

KATRIN: Ich nehme tatsächlich viel für meine tägliche Arbeit in der PR mit. Vor allem was die Social-Media-Arbeit angeht. Dadurch dass ich mich in meiner Freizeit sehr viel mit Instagram, Facebook, Pinterest und Co. beschäftige, habe ich diese Medien durch den Blog noch viel intensiver kennen- und nutzengelernt. Influencer sind ja heutzutage wichtige Multiplikatoren und wir arbeiten auch in der VOX Kommunikation hin und wieder mit Bloggern zusammen. Den Blog zu betreiben, ist für mich also in doppelter Hinsicht eine Win-Win-Situation.

LEONIE: Geht mir absolut ähnlich. Klar habe ich bei eBay schon sehr zeitig auf Influencer in der Kommunikation gesetzt, auch den eBay Dealhunter (damaliger eBay Blog) „ins Leben geschickt“, aber nun selbst „einer“ zu sein, ist was ganz anderes. Allein die Themen SEO, neue Textprogramme, Bildbearbeitung, bringen mich auch bei meinen Kunden enorm weiter. Social Media aus den Medien zu kennen, ist eben was ganz anderes, als selbst Accounts zu haben und Strategien zu erkennen und zu verfolgen.

  1. Wie sehr hat die Digitalisierung den PR-Beruf in den letzten Jahren verändert? Wie sieht das speziell in eurem jeweiligen Bereich aus?

KATRIN: Früher waren vor allem Zeitungen und Zeitschriften unsere Hauptzielgruppe in der Kommunikation. Das hat sich natürlich über die Jahre entwickelt. Online-Medien wollen kurzfristiger und schneller bedient werden, Highlight-Szenen aus unseren Sendungen müssen noch stärker bildlich dargestellt werden.

Außerdem fand die Kommunikation über Social Media damals überhaupt nicht statt. Und da mussten wir auch erst mal die richtige Sprache finden. Ich liebe aber die Digitalisierung und finde, sie eröffnet einem so viele Möglichkeiten.

LEONIE: Zielgruppen-PR, Influencer richtig getargetet etc. Ich denke, darauf sollte man das Augenmerk legen, um das Produkt zu vermarkten. Ein Riesenvorteil, den Katrin bereits aufgeführt hat, ist die Schnelligkeit der Online-Medien. Man muss nicht mehr auf Reaktionsschlüsse beim Print warten. Nachrichten oder News können direkt online gehen und somit ist es für Marken auch besser kalkulierbar. Ein ganz praktisches bereits vereinzelt praktiziertes Beispiel ist: „Shop the runway“, ein riesen Schritt in die richtige Richtung. Journalisten können direkt vom Laufsteg reporten und der Endkonsument direkt kaufen.

Dennoch ist bei den Verlagen, vor allem bei den Lifestyle-Medien, die Digitalisierung noch nicht richtig angekommen. Mir persönlich fehlt die richtige User Experience. Im Vergleich sind SPON oder die Buzz App der BILD ganz ok – aber wenn man schnell die richtigen Infos aus dem Bereich Mode oder Lifestyle haben möchte, fühle ich mich nicht richtig bedient. Einzig Refinery29 hat das Ganze richtig gut gelöst, aber die kommen ja auch aus der Digitalszene und nicht aus dem ursprünglichen Printgeschäft.

  1. Was bedeutet für euch gute PR?

KATRIN: Wenn die Kernbotschaft beim Zuschauer ankommt und er Lust bekommt, die Sendung einzuschalten, habe ich mit meiner Arbeit alles richtig gemacht. Ziel ist nicht immer, so viele Presseartikel wie möglich zu generieren, sondern oft ist auch die eine große Geschichte im passenden Blatt ein viel größerer Aufmerksamkeitsgarant. Zu unserem Start der Personality-Doku „6 Mütter“ hatten wir z.B. eine sehr große Interviewstrecke in der Gala – passender hätte das Medium zu dem Format nicht sein können.

LEONIE: Für mich ist richtig gute PR, wenn eine Geschichte erzählt wird und Emotionen erzeugt werden. Das Thema Storytelling ist ein Schlüsselargument für gute PR. Und meines Erachtens kann man das auch toll mit dem 360-Grad-Ansatz unterstreichen. Katrin hat das Beispiel aus ihrem TV-Umfeld erwähnt. Bei mir war eines meiner Highlights die Capsule Collection zwischen eBay und Guido Maria Kretschmer (GMK). Seine damals allererste Kooperation. Guido war schon damals sehr beliebt. Alle wollten seine Klamotten zu einem erschwinglichen Preis. Wir haben es möglich gemacht, auch indem ich die Nutzer habe abstimmen lassen, welche Teile überhaupt in die Produktion gehen. Quasi Democratic Couture. Wir hatten die Chance, diese Geschichte auch durch die Marketing-Kanäle zu peitschen, haben eine Fashion-Show mit Promis gemacht, die alle Fans von GMK sind, und sogar Spots im „Shopping Queen“-Umfeld wurden geschaltet. Jedes einzelne Kommunikationselement hatte seine kleine Geschichte. Eine runde Sache, die maximalen Erfolg hatte. Nach 25 Minuten war alles ausverkauft!

  1. Welche Eigenschaften muss ein guter Kommunikator mitbringen?

KATRIN: Er muss eine Geschichte erkennen, die er kommunizieren kann.

LEONIE: Die Person sollte wach sein, Potential erkennen, aufgeschlossen und nicht schüchtern sein. Querverbindungen sehen, crossmediales Denken mitbringen.

  1. An welche PR-Aktion könnt ihr euch erinnern, die euch so richtig beeindruckt hat?

LEONIE: So richtig beeindruckt hat mich eine oder besser DIE PR-Aktion von Opel: „Umparken im Kopf“. Den Shift auf moderne Art und Weise zu schaffen, die Positionierung, einer in den Köpfen verstaubter Marke, positiv zu beeinflussen. Angefangen durch OOH Werbung nur mit dem Claim ohne Marke (über Wochen), dann mit einer eigenen Landingpage… einem Song des Künstlers Fetsum, Testimonials, die beim Fahren gefilmt wurden und über ihr überraschendes Moment sehr komisch erzählten, dass sie sich nie vorstellen konnten, mal einen Opel zu fahren. Allein der Claim vermittelt für mich so Vieles: Weg vom stoischen Denken, über den Tellerrand schauen, größer denken, sich auf was Neues einlassen… Passt auf so viel mehr als nur zu Opel. Deshalb war das für mich eine brillante Aktion!

  1. Gab es in eurer Laufbahn mal eine Situation im Job, die so richtig in die Hose gegangen ist? Welche war das und was habt ihr daraus gelernt?

KATRIN: Ohne Namen zu nennen, hatten wir mal einen Star, der nach einem Interview vorab den gesamten Artikel sehen wollte – samt Überschrift und Bildunterschriften. Das war dem Journalisten dann aber doch etwas zu eingreifend und er veröffentlichte das Interview überhaupt nicht mehr, stattdessen einen Artikel über diese Vorgehensweise. Ich muss gestehen, dass ich zwar die Überbringerin bzw. Vermittlerin war, aber doch eher Verständnis für den Journalisten hatte. Stichwort Pressefreiheit… (Mehr zum Thema Interviewfreigaben: hier!)

Katrin Bechtoldt - verantwortliche Pressereferentin VOX, Leonie und Katrin Bechtoldt, Fourhangauf, Blogger, Kommunikation, Medien, PR, Verena Bender, PR Coaching, Dozentin, Verena Schmalenbach, Public Relations, Marketing, Entertainment

Katrin Bechtoldt
verantw. Pressereferentin VOX

LEONIE: So richtig in die Hose gegangen… Bei mir war es auch ein Fashion-Projekt, bei dem wir eine Strick-Loungewear-Kollektion mit einem Top-Model und einem deutschen Label kreiert haben. Alles ist super gewesen. Der Verkauf und die Launch-Kommunikation fielen auf die Berliner Fashion Week. Alles passte. Nur dass es 37 Grad hatte und die Leute keine Lust auf Strickwaren für den Herbst hatten, obwohl in den Schaufenstern der Läden die Herbstkollektion bereits hing. Die PR-Kommunikation war ok, aber der Verkauf war zäh. Da habe ich nicht bis zum Ende mitgedacht. Mittlerweile kenne ich den Fashion Retail und seine Eigenheiten etwas besser.

  1. Erfolgreich im Job, das Blog, täglich vier Postings bei Instagram, super schnell im Kommentieren, Familie, Freunde…. Wann schlaft ihr?

KATRIN: Zwischen 1 und 6 Uhr. Jeden Tag. Mehr ist leider nicht drin. (lach)

LEONIE: Geht mir ähnlich. Mein Mann und ich sind Nachteulen. Gehen auch nie vor Mitternacht ins Bett. Urlaub wäre mal schön. 🙂

  1. Könntet ihr euch vorstellen, in den Journalismus zu wechseln?

KATRIN: Nein, für mich kommt das nicht in Frage. Journalistisch kann ich mich sowohl bei der Arbeit, als auch auf dem Blog austoben. Ich muss hier genauso recherchieren, schreiben und Interviews führen. Von dem Druck, unter dem die Journalisten heutzutage stehen, hören wir ja alle und da würde ich mir wünschen, dass sich die Zeiten für die Journalisten wieder verbessern.

LEONIE: Komisch, da ich ja BWL studiert habe und eigentlich immer in Unternehmen arbeiten wollte, habe ich mir die Frage nie gestellt. Aber nein, das wäre für mich gar keine Option. Mit dem Blog habe ich seit langem mal wieder die Möglichkeit zu schreiben. Ich bin ja sonst eher der Stratege und nicht die direkt taktische Pressefrau.

  1. Welchen Tipp gebt ihr jungen Menschen die nach dem Abi in die Kommunikation möchten? Welchen Weg sollten sie einschlagen?

KATRIN: Wir haben in der VOX Kommunikation immer wieder Praktikanten. Und das wäre auch mein Vorschlag: Über ein Praktikum kann man wunderbar in den Job reinschnuppern und sehen, ob er einem wirklich liegt oder man sich das Ganze anders vorgestellt hatte. Ein Volontariat ist danach sicher auch der richtige Weg, um gut ausgebildet zu sein. Schreiben sollte einem zudem liegen.

LEONIE: Wie wir oben bereits erwähnt haben, sollte man mal in sich hören, ob man gewisse Charaktereigenschaften für einen guten Kommunikator mitbringt. Oft sind auch die ersten Stationen eine PR Agentur. In großen Unternehmen gibt es nicht immer Praktikumsstellen und ich bin der Meinung, durch Brainstormings in Teams bei Agenturen, Ideen kreieren, die dann auch mal in der Tonne landen, bringen einen in der Lernkurve ziemlich nach oben um dann einschätzen zu können, ob diese Richtung was für einen ist.

Vielen Dank für eure Zeit und die wunderbaren Antworten!

5 Gedanken zu „„Ich wünsche mir, dass sich die Zeiten für Journalisten verbessern!“

  1. Chrisamar sagt:

    Danke für den informativen Blog und für die ehrlichen Worte. Wir alle wünschen uns, dass die Zeiten für die Journalisten wieder besser werden.
    Mit Hanseatischem Gruß!

    • PRleben sagt:

      Liebe Chrissie,
      vielen Dank für deinen Kommentar.
      Mir hat das Interview sehr viel Spaß gemacht und ich bin glücklich, dass sich die beiden so viel Zeit für meine Fragen genommen haben.
      Viele Grüße
      Verena

Kommentar verfassen