4 Tipps für die Autorisierung von Interviews

Es ist kein Geheimnis, dass das Autorisieren von Interviews ein gern und ziemlich kontrovers diskutiertes Thema ist. Gemeint ist damit, dass der Redakteur nach einem Interview nochmal alle Zitate des Interviewten schriftlich an den Gast, seinen Pressesprecher oder PR-Agenten gibt, um sich diese Antworten – die ja nun so gegeben wurden – noch einmal abnicken zu lassen. Erst dann „darf“ er sie für seinen Text verwenden.

So denken zumindest viele PR-Menschen. Ist aber nicht ganz richtig. DENN: Ein RECHT auf Autorisierung gibt es nicht! Das Autorisieren ist eigentlich ein reines Entgegenkommen des Journalisten. In Deutschland ist diese Masche, im Gegensatz zu anderen Ländern, allerdings sehr üblich geworden.

Vermieden werden sollen durch diesen Prozess grobe sachliche Fehler in den Aussagen des Interviewten, deshalb gestatten Redakteure netterweise das Gegenlesen. Allerdings ist das Autorisieren in den letzten Jahren immer mehr ausgeufert, so dass die ganze Praxis in die Diskussion geraten ist. Hier vier Regeln, die bei der Autorisierung von Interviews eingehalten werden sollten:

  1. Nicht das Interview umschreiben

Ich habe des Öfteren von Journalisten gehört, dass sie Interviews zurückbekommen haben, die sie überhaupt nicht wiedererkannten. Wörter wurden ausgetauscht, Sätze umformuliert oder komplette Passagen gestrichen.

Auch Nicola Pohl, Chefreporterin der BILD am Sonntag, hat sich neulich im Interview mit PRleben an solche Kandidaten erinnert:Mein bisher schlimmstes Erlebnis hatte ich mit Alexandra Neldel. Da bekam ich nach der Autorisierung ein zu 70% gestrichenes Interview zurück. Das hab ich bis heute aufgehoben. Schade, sie war eigentlich sehr nett und sympathisch.

So etwas geht natürlich gar nicht und hinterlässt einen extrem schlechten Eindruck.

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Als Künstler oder PR-Agenten sollte man sich schon im Vorfeld überlegen, lieber gar kein Interview zu geben, als es im Anschluss komplett umzuschreiben. Viele Journalisten sehen in einem solchen Fall komplett von einer Veröffentlichung ab. Es gab auch schon Redaktionen, die „das Dokument abgedruckt haben, in dem der Interviewpartner wild gestrichen und umformuliert hat“ – ein positives Bild wird so auf jeden Fall nicht hinterlassen.

  1. Im Vorfeld mit dem Redakteur sprechen

Journalisten sind keine Unmenschen und in der Regel immer zum Gespräch bereit. Deshalb sollte man, bevor es zu einem Interview kommt, besprechen, ob es eventuelle Tabu-Themen gibt. So spielt der PR-Mensch mit offenen Karten. Sollten es dem Journalisten zu viele Tabu-Themen sein und er sein Interesse an einem Interview verlieren, dann ist das halt so.

Aber es spricht für eine faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe und spart unnötig Zeit und Ärger. Ebenso sollte auch schon im Vorfeld darum gebeten werden, dass man die O-Töne (= original Töne) zur Freigabe haben möchte und nicht damit um die Ecke kommen, wenn das Gespräch bereits geführt worden ist.

  1. Gas geben mit der Freigabe

Da Redakteure sehr häufig an gewisse Abgabe- und Veröffentlichungsfristen gebunden sind, muss es bei ihnen meistens schnell gehen. Ist der Journalist so nett und zeigt sich mit einer Autorisierung einverstanden, dann sollte diese auch zügig vonstattengehen!

Die Autorisierung sollte auf jeden Fall am Tag des Erhalts des Interviews erfolgen. Ausnahmefälle gibt es da allerdings auch. Wenn das Interview am Morgen um 9 Uhr stattgefunden hat und der PR-Manager die Antworten dann am Abend um 20 Uhr im Postfach hat, dann muss der Redakteur eben bis zum anderen Morgen warten. Außer – sie haben im Vorfeld etwas anderes vereinbart.  Schließlich sollten beide Seiten fair arbeiten.

  1. Das gilt NUR für schriftliche Interviews

Ja, es ist verwirrend, aber wahr! Diese Freigabepraxis ist nur bei Interviews üblich, die in schriftlicher Form veröffentlicht werden. Im Glauben, dass diese Praxis auch auf Fernseh- oder Radio-Interviews angewendet werden kann, haben sich schon so manche Interviewpartner geirrt!

Was in einem TV-Interview gesagt worden ist, das kann 1zu1 so gesendet werden – bei LIVE-Interviews gibt es schließlich auch keine Chance, die Antwort komplett zu ändern. Natürlich ist es bei einem aufgezeichneten Interview gestattet, in einem zweiten Anlauf auf eine Frage zu antworten und den Redakteur zu bitten, die erste Antwort nicht zu senden.

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Aber im Nachhinein beim Fernsehsender anrufen und sagen „Ich möchte bitte, dass Sie die Antwort, in der ich über meine Ehe spreche, nicht verwenden und auch die Antwort bzgl. meiner Zukunftspläne darf nicht verwendet werden.“  ist nicht drin! Bei einem Radio-Interview gilt das gleiche. Selbst manche PR-Menschen scheinen das nicht so recht zu wissen…

FAZIT

Bei all diesen Punkten gilt: Ein Interview sollte man nur geben, wenn man es wirklich möchte, der Inhalt klar besprochen ist und man sich schon beim Interview bewusst ist, was man sagen möchte und was besser nicht. Denn einmal in den Medien – immer in den Medien!

Im Vorfeld ist es durchaus sinnvoll, mal ein Interviewtraining zu machen. Solche Trainings kosten nicht die Welt und haben in jedem Fall einen Mehrwert.

(Fotos: Instagram /Facebook/Pixabay)

7 Gedanken zu „4 Tipps für die Autorisierung von Interviews

  1. ansgaransgar sagt:

    Hi Verena,
    mir fällt dazu ein, dass ich kürzlich las, dass die Allianz Interviews gar nicht mehr autorisiert, freigibt oder dergleichen. Gute Idee im Grunde, für ein börsennotiertes Unternehmen aber auch ganz schön mutig.
    Ich selbst würde aufs Autorisieren ungern verzichten. Es ist meiner Erfahrung nach fast immer sehr hilfreich, zumindest bei Themen, die fachlich schwierig sind, nochmal gegen zu checken.
    Viele Grüße aus Hamburg
    Ansgar

    • PRleben sagt:

      Lieber Angsar,
      vielen Dank für dein Feedback. Stimmt, das mit der Allianz hatte ich auch gelesen.
      Ich persönlich finde, das Autorisieren in einigen Fällen auch durchaus sinnvoll. Ganz besonders bei komplizierten Themen. Nur sollten immer bestimmte Regeln eingehalten werden 🙂
      Danke fürs Lesen!
      Sonnige Grüße aus Köln
      Verena

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